Auf ein Wort mit Helmuth Göbel

So, nun ist es bald soweit: Nach fast 38 Jahren verlasse ich das Diakonischer Werk und gehe in Rente. Es gibt nur noch wenige im DW, die sich daran erinnern können, dass es vor Ulrich Hamacher und Marion Schaefer (von Oktober 1991 bis letztes Jahr in führenden Positionen dabei) schon eine Diakonie in Bonn gab.

Klein, ca. 60 Mitarbeitende und geleitet von Wiltrud Niemeyer, die von der Ausbildung noch „Fürsorgerin“ war – so nannten sich die Vorläuferausbildung der Sozialarbeiteter:innen – lernte ich das DW kennen. Alle sozialen Dienste trafen sich montags zur gemeinsamen Dienstbesprechung in der Zentrale in der Adenauerallee (im Haus der evangelischen Kirche) und tauschten sich aus. Die Schuldnerberatung war gerade neu entstanden und die Suchtberatungen von Caritas und Diakonie noch streng getrennt und in Konkurrenz. In diesem Umfeld machte ich mein Anerkennungsjahr im Stadtteilbüro Brüser Berg.

Aber das DW entwickelte sich, wurde größer und übernahm viele neue Aufgaben. Schon lange bevor wir eine GmbH wurden, wurde es wirtschaftlicher. In vielen Bereichen wurden Leistungsbeschreibungen erstellt und die früher noch vorhandenen Pauschalförderungen der Kostenträger gingen immer mehr in stundenweisen Abrechnungen über, eine Umstellung für so manche/n Sozialarbeiter:in.

Das Wachstum brachte auch strukturelle Änderungen mit sich: Teamleitungen (später Einrichtungsleitung genannt) wurden eingeführt, gemeinsame Zieleklausuren und Zielvereinbarungen etabliert. Hier wurde anfänglich noch um jedes Wort gefeilscht, heute ein normales Mittel, um das DW zu führen.

Ich habe im Laufe der Jahre viele Aufgaben und Funktionen übernommen: Stadtteilarbeiter, Schuldnerberater, MAV-Vorsitzender, Vorstand Fachverband, Bereichsleiter, Einrichtungsleiter und manchmal „Mädchen für alles“ – es war nie langweilig!

Besonders spannend war für mich die Zeit in der Schuldnerberatung als die Insolvenzordnung neu eingeführt wurde und viele Menschen erstmals die Chance hatten, sich auf dieser Grundlage zu entschulden. Hier von der ersten Stunde an den Prozess zu begleiten, Einfluss auf die Gesetzgebung zu haben und Grundlagen mit zu erarbeiten waren schon ein besondere Highlights für mich – so etwas kommt so nicht oft vor.

Was bleibt ist der Rückblick auf fast 38 Berufsjahre in der Diakonie, viele interessante in- und externe Netzwerkpartner:innnen und Kolleg:innen und die Erkenntnis, dass es trotz Hektik und vieler Aufgaben wichtig ist, mit Gelassenheit an die Arbeit zu gehen und dass man viel erreichen kann, wenn man über den Tellerrand schaut und dort nicht nur die „wichtigen Leute“ wahrnimmt.

Ich freue mich auf meinen neuen Lebensabschnitt und werde sicherlich nicht an Langeweile sterben. Auch bisher habe ich mich in meinem privaten Umfeld engagiert und hier gibt es immer noch Aufgaben, die ich weiterhin angehen kann. Und dafür mehr Zeit zu haben und dann noch die ein oder andere Reise zu unternehmen, ein paar Bücher zu lesen und es mir gut gehen zu lassen ist sicherlich nicht schlecht für mich.